Pilze sind schon etwas besonderes. Einzigartig in ihrer Vielfalt, bevölkern sie nahezu jeden Lebensraum und haben sehr unterschiedliche ökologische Aufgaben. Man nimmt an, dass es Pilze bereits vor etwa 2,4 Milliarden Jahren in Form von filamentösen Strukturen im Wasser gegeben hat. Das Leben an Land fing mit relativ primitiven Formen an und wurde, soweit die Theorie, erst durch die Hilfe der Pilze ermöglicht. Diese ersten Pilze dürften den heute noch existierenden Chytridiomycota ähnlich gewesen sein, denn wer ständig im Wasser wohnt, für den ist das Vorhandensein eines Flagellums ein evolutionärer Vorteil. Im Allgemeinen sagt uns die Evolutionstheorie, dass sich das Leben vom einfachen hin zum komplexen entwickelt haben muss, und somit stehen Gruppen wie die Chytridiomycota oder die Mucoromycota relativ weit „unten“, während wir Gruppen wie die Lamellenpilze oder die Röhrlinge als komplex erachten, somit „höher“ einschätzen und damit evolutionär jünger sind als alle anderen.
Pilze spielen vermutlich schon seit weit über 20.000 Jahren für den Menschen eine wichtige Rolle, sei es aus kulinarischem Interesse oder um Geister und Dämonen zu beschwichtigen. Das Verständnis, wie diese Organismen sich ernähren, wie sie ihre Fruchtkörper aufbauen, wie sie sich vermehren oder warum manche giftig sind und andere nicht, und vor allem in welcher Beziehung sie zu anderen Organismen oder Organismengruppen stehen und welche Rollen sie im Ökosystem einnehmen, hat sich allerdings erst sehr spät etabliert, weit später als das bei den Tieren oder den Pflanzen der Fall war. Angefangen hat vieles davon bei Carl von Linné und Elias Magnus Fries zwischen 1750 und 1850, die den Weg bereiteten für viele taxonomische, morphologische und ökologische Fragestellungen, von denen viele aber bis heute nicht oder nicht vollständig geklärt sind.
Was ist Taxonomie?
Die Taxonomie ist die Wissenschaft der systematischen Gliederung von Organismen in ein Schema, z.B. in einen Taxonomischen Baum. Dieser ist grundsätzlich immer gleich oder ähnlich aufgebaut, bei den Pilzen fängt es beim Reich „Funga“ an und hört bei stark begrenzten Taxa wie „Unterarten“ oder „Varietäten“ auf. Insgesamt sieht das etwa so aus:
Reich Funga
Abteilung Ascomycota
Klasse Pezizomycetes
Ordnung Pezizales
Familie Pezizaceae
Gattung Peziza
Art Peziza succosa
Je nach Auffassung gibt es zusätzliche taxonomische Begriffe wie „Unterklasse“, „Tribus“ und einige andere, die hier aber der Einfachheit halber nicht berücksichtigt werden sollen. Unter „Taxonomie“ kann man einen solchen Baum einsehen und die Gattungen, die auf dieser Webseite beschrieben und bebildert sind, werden dort verlinkt.
Die Taxonomie hat einen entscheidenden Schritt gemacht, als Carl von Linné binomiale Bezeichnungen für Tiere und Pflanzen aufstellte. Von nun an gab es für alle Arten einen konkreten Gattungsnamen, z.B. Agaricus für die Lamellenpilze, und einen dahintergestellten Artnamen, z.B. Agaricus deliciosus, für den heute unter Lactarius deliciosus bekannten Edelreizker. Hinter dem Artnamen gibt es dann noch ein Autorenzitat, dies ist hier L. 1753, was bedeutet, dass Carl von Linné 1753 den Edelreizker als „Agaricus deliciosus“ beschrieben hat. Erst deutlich später kam ein britischer Zoologe, Botaniker und Pharmakologe, Samuel Frederick Gray, und nannte den Edelreizker fortan Lactarius deliciosus, mit dem Autorenzitat (L.) Gray 1821, dies aus Basis der Erkenntnisse von Christian Hendrik Persoon aus dem Jahr 1797, der die Gattung Lactarius anhand des Pfeffermilchlings, Lactarius piperatus (L.) Pers. 1797, definierte. Im Laufe der Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte vervielfachte sich die Anzahl der Gattungen und das System der Pilze wurde mit jeder neuen Erkenntnis komplexer und komplexer. Vorbei waren die Zeiten, als Lamellenpilze Agaricus und Porlinge Poria hießen. Dieser Trend setzt sich bis heute fort und hat vor allem aufgrund der fortschreitenden, technischen Entwicklung und der Kenntnis über Evolution und Genetik einen dramatischen Anstieg zu verzeichnen. Wir nehmen dabei stets an, dass uns Teile der DNA von Pilzen Informationen über verwandtschaftliche Beziehungen verraten, ohne dabei Ansprüche auf Endgültigkeit und Vollständigkeit zu haben, denn auch die Wissenschaft der Mykologie ist eine fortschreitende, deren aktuelle Erkenntnisse durch die Methoden und Erkenntnisse von morgen ersetzt werden.
Auf dieser Seite finden Sie die aktuellen Namen, soweit sie mir bekannt sind. Viele dieser Namen sind laut IndexFungorum und/oder Mycobank legitimiert und anwendbar. Das bedeutet aber nicht, dass die verfügbare Literatur nicht auch andere Namen benutzt, da auch die genannten Datenbanken der Geschwindigkeit der Veränderungen nicht immer nachkommen. Hinzu kommt, dass es bei einigen Namensänderungen keinen allgemeinen Konsenz über die Korrektheit gibt, sodass für manche Arten unterschiedliche Namen gleichermaßen kursieren. Es ist also klar: Es gibt auch hier keine Gewähr, dass die angeführten Namen die absolut korrekten, wissenschaftlichen Bezeichnungen der Pilze sind, sie sind lediglich ein Abbild aktueller mykologischer Kenntnisse und können schon morgen wieder anders sein.