Auch wenn nicht jeder weiß, was eigentlich „Mykorrhiza“ bedeutet, so wurde doch jeder schon unbewusst damit konfrontiert: Steinpilze und Pfifferlinge kommen nach wie vor aus anderen Ländern und können nicht vor Ort gezüchtet werden. Steinpilzstellen können jedes Jahr aufgesucht werden und die Fruchtkörper erscheinen immer bei bestimmen Bäumen und auf bestimmten Böden. Pilze sind in großem Maße abhängig von den Verhältnissen ihrer Umgebung. Der Begriff „Mykorrhiza“ wurde vor über 200 Jahren geprägt und bedeutet soviel wie „Pilzwurzel“.
Es gibt verschiedene Formen von Mykorrhiza, denn die symbiotische Beziehung zwischen Pilzen und Pflanzen ist nicht erst gestern entstanden, sondern hat einen sehr langen Weg der Evolution genommen und hat sich vermutlich aus einer Art des Parasitismus entwickelt. Die höchste Form der Mykorrhiza nennen wir „Ektomykorrhiza“, da wir davon ausgehen, dass dies die für beide Parteien lukrativste Form der Mykorrhiza darstellt. Viele bekannte Speise- und Giftpilze sind Ektomykorrhizabildner: Steinpilze (Boletus edulus), Pfifferlinge (Cantharellus cibarius), die Rotkappen (Leccinum spp.) und auch die Knollenblätter- und Fliegenpilze (Amanita spp.) sind gut bekannte Arten, die ohne Partnerbaum nicht leben oder zumindest keine Fruchtkörper bilden könnten. Denn: die symbiotische Beziehung ermöglicht einen „fairen“ Nährstoffaustausch, wobei der Pilz Zucker aus der Photosynthese des Baumes und der Baum Wasser und gelöste Nährstoffe wie z.B. Phosphor bekommt. Bäume mit Pilzpartnern wachsen deutlich besser und sind weniger anfällig für Schädlinge diverser Art, während die Pilze mit dem gewonnenen Zucker Fruchtkörper zur Vermehrung aufbauen können.
Was ist der Unterschied zwischen einer Ektomykorrhiza und anderen Mykorrhizaformen?
Bei der Ektomykorrhiza umschließen die Hyphen des Pilzes die Baumwurzel und dringen sogar in diese ein. Jedoch gelangen sie nur in die Zwischenräume der Wurzelzellen und nicht in die Zellen selbst. Auf der Oberfläche der Wurzelzellen befindet sich bei mykorrhizierten Bäumen eine netzartige Struktur aus Hyphen, das Hartig’sche Netz. Dieser Bereich ist der Locus für den Tausch der Nährstoffe.
Andere Mykorrhizaformen gehen oft deutlich weiter als nur bis zur Zellwand. Sie dringen sogar in diese ein und bilden haustorienartige Strukturen, um dem Pflanzenpartner Wasser und Nährstoffe aufzudrücken und Zucker zu erlangen. Bei einigen dieser Mykorrhizaformen sind Tendenzen zum Parasitismus erkennbar, entweder vom Pilz oder auch von der Pflanze, wie dies z.B. bei Orchideen der Fall ist.
Die Orchideen-Mykorrhiza
Es handelt sich hierbei um eine Endomykorrhiza, da die Hyphen des Pilzes in die Zellwand der Pflanze eindringen. Genauer gesagt: in einen Bereich zwischen Zellwand und Plasmamembran. Die Orchideen haben nämlich ein Problem: die Samen sind derart winzig, dass sie praktisch keine Vorräte haben. Dadurch sind sie auf bestimmte Pilzarten angewiesen, die ihnen am Anfang ihres Lebens dabei helfen, zu wachsen und zu gedeihen. Es gibt eine Reihe von Pilzarten, bei denen eine Symbiose mit Orchideen schon länger bekannt ist, z.B. bei bestimmten Arten der Gattung Tulasnella. Wenn die Orchidee nun alt genug ist und ausreichend Zucker aus der Photosynthese gewinnen kann, braucht sie den Pilz nicht mehr und „schmeißt ihn über Bord“. Aus unserer Sicht handelt es sich also eher um eine Art von Parasitismus, da die Orchidee den Pilz nur so lange für das eigene Wachstum benutzt, bis sie auf Basis der Selbstversorgung leben kann.
Andere Mykorrhizaformen
Neben den genannten Mykorrhizaformen gibt es weitere, die weitgehend unbekannt sind. Unter dem Begriff „Endomykorrhiza“ werden alle Mykorrhizaformen zusammengefasst, bei denen die Hyphen des Pilzes in den Raum zwischen Zellwand und Plasmamembran eindringen. Neben der genannten Orchideen-Mykorrhiza gibt es eine solche auch für ericoide Pflanzen (z.B. Besenheide), oder auch eine für die Gattung Monotropa, z.B. Fichtenspargel. Dabei handelt es sich um eine chlorophyllfreie Pflanze, die also niemals in ihrem Leben Photosynthese betreiben kann und daher immer auf andere Organismen angewiesen ist. Auch hierfür kann man sich doch wieder eines Pilzes bedienen. Bei der monotropoiden Mykorrhiza ist bekannt, dass z.B. Arten der Gattung Ritterling (Tricholoma spp.) herhalten für eine seltsame Art des Parasitismus: Der Fichtenspargel zapft die Ektomykorrhiza der Ritterlinge mit umgebenen Nadelbäumen an und nimmt sich die Nährstoffe, die gebraucht werden, einfach raus. Wir nehmen an, dass alle diese Formen der Mykorrhiza grundständiger und daher, evolutionär gesehen, älter sein sollten.
Welche Bäume sind denn jetzt fähig zur Bildung einer Ektomykorrhiza?
Ektomykorrhizabäume sind z.B. die folgenden:
Fichten (Picea spp.), Tannen (Abies spp.), Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Kiefern (Pinus spp.), Lärchen (Larix spp.), Buchen (Fagus spp.), Südbuchen (Nothofagus spp.), Eichen (Quercus spp.), Birken (Betula spp.), Pappeln (Populus spp.), Haselnuss (Corylus spp.), Edelkastanie (Castanea sativa), Weiden (Salix spp.) und Eukalyptus (Eucalyptus spp.). Allgemein gesagt: Birken-, Buchen-, Kiefern-, Weiden- und Rosengewächse sind grundsätzlich Teilhaber einer Ektomykorrhiza. Unter den genannten Bäumen können viele Arten der Lamellenpilze gefunden werden, insbesondere Wulstlinge (Amanita spp.), Täublinge (Russula spp.), Milchlinge (Lactarius spp., Lactifluus spp.), Schleierlinge (Cortinarius spp.), Schnecklinge (Hygrophorus spp.), Ritterlinge (Tricholoma spp.) und der Großteil aller Röhrlinge und Leistlinge.